Notizen zur Gestaltung von Fotos
© für Text und Bilder: Silvia Rothen, rothen ecotronics, Bern, Schweiz
Autorin: Dr. Silvia Rothen, rothen ecotronics, Bern, Schweiz
Letzte Überarbeitung: 01.01.22
In der letzten Zeit habe ich zu einer Leidenschaft meiner Jugend zurückgefunden und mich wieder intensiver mit Fotografie beschäftigt. Insbesondere hat mich das Thema "Gestaltung" wieder gepackt. Mit Lektüre, Bildanalyse und Selbststudium (siehe Quellenangaben) versuche ich, mein Auge zu schulen, mir die Grundlagen der Gestaltung zu erarbeiten und meinen fotografischen Stil zu verbessern.
Der vorliegende Text ist in erster Linie ein Arbeitsdokument für mich selbst, um gewisse Erkenntnisse festzuhalten und mit eigenen Fotos zu dokumentieren. Wenn dieses "Work in progress" darüber hinaus auch Andere zu einem kreativeren Umgang mit der Kamera inspiriert, umso besser.
Ein Klick auf das kleine Bild mit den Gestaltungslinien zeigt die grosse Bildversion ohne Linien an.
Inhaltsverzeichnis
Grundelemente
Gestaltungselemente
Die klassischen Gestaltungselemente aus der Malerei sind
- Punkt
- Linie
- Fläche
- Gestalt, Form
- Raum
- Textur
- Licht
- Farbe
Für jedes dieser Elemente gibt es Regeln der visuellen Gestaltung. Ein Bild mag gelingen, weil man diese Regeln gekonnt umsetzt oder weil man sie bewusst durchbricht. Doch ohne ihre Kenntnis kommt selten ein gutes Bild zustande und wenn, dann wird es von einem Laien vielleicht gar nicht erkannt. Denn heute, wo sich dank der digitalen Technik endlos Bilder erzeugen lassen, hat sich das Schwergewicht der visuellen Gestaltung von der sorgfältigen Komposition bei der Erzeugung der Bilder zur strengen Selektion bei der Nachbearbeitung verschoben.
Goldener Schnitt, Drittelsregel
Der goldene Schnitt als Verhältniszahl ist eine Art Naturkonstante der Ästhetik. Der goldene Schnitt lässt sich auf zwei Arten auf Bilder anwenden:
- Das Bildformat selbst, d.h. Verhältnis von Breite und Höhe entspricht dem goldenen Schnitt.
- Die Bildkomposition folgt mit markanten Linien oder Punkten dem goldenen Schnitt.
Die folgende Darstellung zeigt, wie man den goldenen Schnitt berechnet. Eine relativ gute Annäherung dieses Seitenverhältnisses ist 5/8.
Bilder von Digitalkameras liefern relativ häufig Bilder im Verhältnis 2/3, d.h. sie sind etwas höher als es dem goldenen Schnitt entspricht. In den folgenden Eingabefenstern können Sie sich ausrechnen lassen, wie Sie Ihre Bilder beschneiden müssen, damit sie dem goldenen Schnitt entsprechen.
Bilder mit Diagonalen, die dem goldenen Schnitt entsprechen, ergeben eine harmonische Bildkomposition.
Die Drittelsregel ist eine Abwandlung des goldenen Schnittes.
Punkte
Die beste Anordnung für einen einzelnen Punkt ist im goldenen Schnitt.
Link auf SeiteZwei Punkte sind eine schwierige Anordnung, weil die Augen zwischen ihnen hin- und herpendeln.
Mehr als zwei Punkte werden zu Linien oder zu Formen ergänzt.
Linien: Horizontale, Vertikale, Diagonale, freie Linien
Eine waagrechte Linie führt in die Tiefe.
Jede senkrechte Linie steht unmittelbar vor der Betrachterin. Senkrechte Linien sind Barrieren, die den Blick in die Tiefe abblocken.
Eine Diagonale ist dynamisch, bringt Unruhe ins Bild, verlangt nach Ausgleich durch ruhige Horizontale (oder eventuell Vertikale).
|
Eine von links unten nach rechts oben aufsteigende Diagonale ist harmonischer als die fallende Diagonale. Letztere braucht unbedingt Horizontale als Ausgleich.
Freie Linien von Bildrand zu Bildrand teilen den Raum in Flächen.
Streng eckige Linien im Kontrast zu freien Linien betonen heben Charakter beider Linienarten verstärkt hervor.
Formen: Rechteck, Quadrat, Kreis, Dreieck, Flächen
Der Kreis im Rechteck lässt entweder Fläche frei oder er wird angeschnitten.
Ein Dreieck mit der Spitze gegen oben wirkt dynamisch gegen oben.
Ein Dreieck innerhalb der Fläche wirkt ausgeglichen, wenn keine Seite parallel zu Bildrand ist.
Optische Flächen sollten im Verhältnis zur Grundfläche nicht zu klein sein, sonst entsteht Unruhe.
Quadratisches, Hoch- und Querformat
Das quadratische Format ist schwierig zu gestalten.
Das Querformat drückt Ruhe, Tiefe, Distanz und Kälte aus.
Das Hochformat dagegen steht für Dynamik, Nähe, Wärme
Horizontlinie
Ein tiefliegender Horizont suggeriert Ausgeglichenheit, Weite.
Ein hochliegender Horizont wirkt schwer.
Ein Horizont in der Bildmitte ist meist ungünstig, da er banal wirkt. Möglich wird er, wenn wenig Kontrast vorliegt.
In den folgenden zwei Bildserien experimentiere ich mit verschiedenen Ausschnitten, einmal in Farbe und einmal in Schwarzweiss:
Tiefliegender Horizont |
Tiefliegender Horizont |
Horizont in Bildmitte |
Horizont in Bildmitte |
Hochliegender Horizont |
Hochliegender Horizont |
Das Original |
Das Original |
Horizontlinien, die der Drittelsregel entsprechen, wirken harmonisch. Abweichungen gegen oben und unten können die Dynamik verstärken.
Licht, Beleuchtung
Das Licht kommt am Besten von oben links, dies entspricht der natürlichen Augenbewegung.Farbe
Die folgenden Aussagen stützen sich auf das Kapitel "Lineare und koloristische Farbgebung" aus dem im Literaturverzeichnis erwähnten Buch von Harald Mante.
In der Farblehre unterscheidet man zuerst einmal
- unbunte Farben (Weiss, Schwarz und alle Grautöne) und
- bunte Farben (alle anderen)
Also aufgepasst: Wer behauptet, Weiss sei keine Farbe, entlarvt sich als blutiger Laie. Ebenso wie jemand, der von einem bunten Bild spricht, im Fachjargon heisst das nämlich "ungeordnete Farbigkeit".
Innerhalb der bunten Farben wird dann zwischen
- den reinen Farben 1. Ordnung, d.h. Rot, Gelb und Blau,
- den reinen Farben 2. Ordnung, d.h. den drei Mischungen aus den Farben der 1. Ordnung, also Orange, Grün und Violett
- allen anderen unterschieden
Mante spricht im weiteren bei der Gestaltung von Farbbildern von linearer Farbgebung, wenn ein Bild grossflächig wenige, reine Farben enthält, die klar von einander abgegrenzt sind. Das kann vom monochromen Bild über zwei und drei Farben bis zu vielfarbigen Bildern gehen.
Die aktuelle Aufnahme verkörpert dieses lineare Farbprinzip perfekt:
Zwei reine Farben, Rot und Grün, in denkbar hartem Kontrast mit klar
abgegrenzten Flächen.
|
Koloristische Aufnahmen weisen dagegen feine Verläufe und Übergänge zwischen den Farben auf.
Quellenangabe und Buchtipps
Die folgenden zwei Bücher haben mir sehr viele wertvolle Anstösse geliefert:
- Mante Harald 1996: Motive kreativ nutzen, Verlag "Photographie AG", Schaffhausen
- David Präkel 2006: Composition, Verlag AVA Academia, Lausanne
Daneben gibt es zahlreiche Online-Ressourcen, mit denen man sein Auge schulen kann. Mein absoluter Liebling ist www.photo.net, ein Online-Forum, wo man seine Bilder hochladen und bewerten lassen kann. Ausserdem finden sich unzählige Artikel zu technischen und gestalterischen Aspekten der Fotografie.
Empfehlenswert ist auch ein deutscher Fotolehrgang von National Geographic auf 8 CDs. Was ich bis jetzt davon gesehen habe, hat mich überzeugt.
- National Geographic 2003: Der grosse National Geographic Photoguide, USM United Soft Media Verlag GmbH
Ausserdem bin ich fleissig dabei, Hyperlinks von Online-Ressourcen zu sammeln. Diese Links finden sich in der Web-Design-Linkliste in der Rubrik Fotografie.
Diese Webseite wurde am 20.01.22 um 15:50 von rothen ecotronics erstellt oder überarbeitet.
Printed on 100% recycled electrons!